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  #1  
Alt 27.01.2007, 22:11
Benutzerbild von Kamantun
Kamantun Kamantun ist offline
Frischling
 
Registriert seit: 05.12.2006
Beiträge: 93
Standard DNA auf dem Prüfstand

Habe heute Nachmittag eine gleichnamige Sendung auf "Planet" gesehen - und mich doch etwas erschrocken.

Offensichtlich sind DNA-Test´s alles andere als "sicher" und mit ein wenig/viel Pech kann man auch als völlig Unschuldiger eines Verbrechens verdächtigt werden.

Drei Probleme gibt es:

1. Menschliches Versagen

Die Analysetechnik ist kompliziert und erfordert viele Einzelschritte - Fehler (bspw. durch Vertauschung von Proben) sind keineswegs ausgeschlossen.

2. Kontamination

Ein ganz großes Problem. Proben an Tatorten können schon (bspw. bakteriell) verseucht sein, oder werden es später durch unsachgemäße Behandlung/Lagerung durch die ermittelnden Beamten.

Anders herum kann es auch passieren, dass bspw. bei einer Speichel-/Blutabnahme ein paar ungewollte Tropfen/Spritzer einen ganzen Raum (und damit spätere Proben anderer Menschen) mit DNA "verseuchen" (braucht bloß mal einer niesen); oder aber im Zuge der späteren DNA-Analyse kontaminiert eine Probe eine oder mehrere andere.

(Nichtzuletzt (die Variante stammt allerdings aus dem Netz): Ein Killer könnte bspw. den Tatort/das Opfer absichtlich mit fremder DNA verseuchen.)

3. Zufällige Übereinstimmungen

Die weitverbreitete Meinung, die Wahrscheinlichkeit zufälliger Übereinstimmungen von DNA-Abschnitten läge bei Eins zu zig-Millionen ist offenbar kompletter Unsinn.

Die Entstehungsgeschichte dieser Meinung ist ganz interessant: Zwei Wissenschaftler wollten anhand der DNA-Datenbanken des FBI die Frage wissenschaftlich untersuchen, ob es zufällige Übereinstimmungen gibt und wenn ja: wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür wäre.

Sie fanden keine einzige und veröffentlichten ihre Ergebnisse in dem bekannten Wissenschaftsblatt "Science".

Ein anderer Wissenschaftler schaute sich später (aus anderen Gründen) diese Datenbanken erneut an und entdeckte, dass Einträge darin fehlten. Es stellte sich heraus, dass diese Einträge als sogenannte "Doppeleinträge" gelöscht worden waren. Man hatte beim FBI also immer mal wieder miteinander übereinstimmende Einträge gefunden und angenommen, es handle sich dabei um ein- und dieselben zugrunde liegenden Proben - was sich aber in den meisten Fällen als falsch herausstellte.

Und diese, von miteinander übereinstimmenden Daten bereinigte Datenbank hatten nun also jene beiden Wissenschaftler ausgewertet. Tolle Nummer...

(Solche "Doppelpost-Löschungen" soll es auch in englischen Datenbanken gegeben haben und der Verdacht liegt nicht fern, dass es wohl in ALLEN Datenbanken weltweit passiert/passiert ist.)

Nachher wurde noch ein Todeskandidat in Texas gezeigt, welcher seit sechs Jahren auf seine Hinrichtung wartet. Er soll seine eigene Großmutter vergewaltigt und umgebracht haben. Indizien dafür, dass er dieses Verbrechen begangen hat - das räumte der Sheriff immerhin ganz offen ein -, gab es überhaupt keine. Die Verurteilung erfolgte letztlich einzig über einen DNA-Abschnitt von, ich glaube, acht Streifen, wovon selbst nach Meinung der Staatsanwaltschaft nur ein einziger nichtkontaminiert/brauchbar war. Und dieser eine Streifen (es waren sieben oder acht Pünktchen drauf zu sehen), führte dann zum Todesurteil.

Ein Wissenschaftler meinte dazu im Interview, dass er sich sicher sei, dass man solche (bzw. andere) Übereinstimmungen auch bei anderen Bewohnern der abgelegen Kleinstadt finden könnte, wo die Verwandtschaft untereinander größer ist, als bspw. in einer Großstadt.

Der Mann, welcher für das heute verwendete Analyseverfahren einen Nobelpreis bekommen hat, zeigte sich übrigens auch nur wenig erfreut über die allgemeine Einschätzung und Handhabung seiner "Erfindung". Er meinte sinngemäß, dass hier bereits Autos verkauft werden sollen, für welche die Räder erst im Nachhinein noch erfunden werden müssen. Und das sich die meisten Leute, die mit DNA-Analysen direkt oder indirekt zu tun haben, wohl überhaupt noch keinen Kopf drum gemacht haben, was Gefängnis für einen der drin sitzt, überhaupt bedeutet.

Schluss-Satz der Sendung: Die Wahrscheinlichkeit einer zufälligen Übereinstimmung eines Abschnitts der eigenen DNA mit einer beliebigen, an einem Tatort gefundenen, ist größer als ein Lottogewinn.

Ok, sie werden wohl (hoffentlich) bloß die ganz großen Lottogewinne meinen, aber mir persönlich reicht das schon vollkommen. Von mir gibt es jedenfalls keinen "freiwilligen Speicheltest" - für was auch immer.

(Im Übrigen darf hierzulande niemand nur wegen eines DNA-Befundes verurteilt werden. Aber das ändert nichts daran, dass in den Köpfen von Staatsanwälten und Richtern die (wie sich zeigt: zu Unrecht) angenommene "Sicherheit" von DNA-Analysen eine nicht zu verachtende Rolle spielen dürfte. Unsichere Indizien haben so ganz bestimmt eine besssere Chance anerkannt zu werden...).
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Das Auge sieht, was es sucht.
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  #2  
Alt 27.01.2007, 22:22
Benutzerbild von Ayla
Ayla Ayla ist offline
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Registriert seit: 25.11.2006
Ort: Büsum
Beiträge: 256
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http://v.hdm-stuttgart.de/seminare/i...W_MarcHerb.pdf
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  #3  
Alt 27.01.2007, 22:24
Benutzerbild von Kamantun
Kamantun Kamantun ist offline
Frischling
 
Registriert seit: 05.12.2006
Beiträge: 93
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Genau dort habe ich das Beispiel mit dem Tatort verseuchenden Killer her...

Das Netz ist klein...
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  #4  
Alt 27.01.2007, 22:38
Benutzerbild von Ayla
Ayla Ayla ist offline
Moderatorin Philosophen-Café + V.I.P. Mitglied
 
Registriert seit: 25.11.2006
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Zitat:
Zitat von Kamantun Beitrag anzeigen
(Im Übrigen darf hierzulande niemand nur wegen eines DNA-Befundes verurteilt werden. Aber das ändert nichts daran, dass in den Köpfen von Staatsanwälten und Richtern die (wie sich zeigt: zu Unrecht) angenommene "Sicherheit" von DNA-Analysen eine nicht zu verachtende Rolle spielen dürfte. Unsichere Indizien haben so ganz bestimmt eine besssere Chance anerkannt zu werden...).
http://www.bmj.bund.de/enid/Rechtspf...nalyse_u7.html
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