22.01.2009 Das System Koch steckt in der Krise Von Georg Haupt
Wiesbaden. Zahlen lügen nicht: 12 Prozentpunkte hatte die Hessen-CDU unter Roland Koch vor einem Jahr bei der Landtagswahl eingebüßt. Jetzt sollte alles besser werden. Doch bei den Neuwahlen am Sonntag haben die Christdemokraten nochmals 45 975 Stimmen eingebüßt (von 1 009 775 auf 963 800) und nur die dramatisch schlechte Wahlbeteiligung weist selbst dieses noch als Zugewinn von 0,4 Prozentpunkten aus. «Wir werden das alles in Ruhe besprechen, aber unter uns und hinter verschlossenen Türen», versprach der Landesvorsitzende und Ministerpräsident schon am Wahlabend. Da war er wieder, der unausgesprochene Hinweis auf den krisenerprobten «Kampfverband Hessen-CDU», die verschworene Gemeinschaft, die umso stärker zusammensteht, desto kälter der Wind weht. Doch dieses Mal ist alles anders: In Kochs Imperium brennt es gewaltig.
Erster Widerstand in der Fraktion Am Dienstag hat das Feuer schon die Landtagsfraktion erreicht. Sieben Gegenstimmen und eine Enthaltung aus dem Kreis der 46 Parlamentarier musste der ohne Gegenkandidat angetretene Christean Wagner bei der Wahl zum Vorsitzenden einstecken; nur etwas besser kam der «ebenfalls mit großer Mehrheit» (Originalton der CDU-Pressemitteilung) bestätigte Geschäftsführer Axel Wintermeyer davon. Ergebnisse, die eher einer persönlichen Demontage ähneln.
Möglicherweise rächt sich jetzt die von Koch betriebene Personalpolitik, die dieser dem Landesverband, aber auch seinen bislang zwei Regierungen und der Landtagsfraktion in den letzten zehn Jahren verpasst hat. Es war eine nach Gutsherrenart. Wer dem Ministerpräsidenten in der Vergangenheit nützlich gewesen war, und wem Koch darüber hinaus bedingungslos vertrauen konnte, der durfte auf Beförderung hoffen.
Karin Wolff, Volker Bouffier, Karlheinz Weimar, Volker Hoff, Franz Josef Jung, Jürger Banzer – mit den Namen dieser hessischen Minister verbindet sich eine Seilschaft aus den 80er Jahren, die als «Tankstellen-Connection» Geschichte machte. Ihren Namen verdankt die Verbindung einem zweimaligen Treffen auf der Autobahnraststätte Wetterau (A 5), doch die dortigen Verabredungen, stets gemeinsam und ohne öffentliche Querschüsse den Weg nach oben zu suchen, wirken bis heute nach.
Im Jahr 1999 gelangte Koch mit diesem Prinzip an die Macht, 2003 wuchs sich der anfängliche Erfolg des Abarbeitens rot-grüner Versäumnisse aus acht Jahren Eichel-Regierung sogar zu einer absoluten Mehrheit aus.
Dabei war längst zu sehen, dass einige Personen in Kochs unmittelbarer Umgebung an ihre Grenzen gestoßen waren. Am deutlichsten wurde dies bei Kultusministerin Karin Wolff, die in fast autistischer Weise mit dem Kopf durch die Wand wollte und mit der von ihr ausgelösten Krise in der Schulpolitik die CDU-Regierung fast in den Abgrund gestoßen hätte. Heute sagen viele, dass es ein schwerer Fehler war, die Ministerin nicht mit sicherem Abstand vor der Landtagswahl 2008 aus dem Spiel zu nehmen. Koch hatte dieses allein so entschieden und natürlich niemand gewagt zu widersprechen.
Als die CDU nach einem zudem noch mit populistischen Themen verkorksten Wahlkampf («Deutschland hat zu viele kriminelle ausländische Jugendliche») gerade noch einen hauchdünnen Vorsprung ins Ziel gerettet hatte, unterband eben dieser Koch jegliche Personaldiskussion in seiner Partei: Er allein trage die Verantwortung für das Wahlergebnis. Damit stellte er sich vor allem vor seinen in die Kritik geratenen Freund und Regierungssprecher Dirk Metz, der ebenfalls seit nunmehr zehn Jahren die gesamte Außendarstellung der Landesregierung steuert und damit als die zweitmächtigste Person dieses Gremiums gilt, obwohl er formal gar nicht deren Mitglied ist.
Wann folgen personelle Konsequenzen?
Mit einem völlig umgekrempelten Wahlkampf und einem ganz neuen – seine Gegner nannten ihn «weichgespülten» – Koch wollte die CDU in die Neuauflage des Urnengangs gehen. Jetzt belegen die Wahlanalysen jedoch, dass die Menschen diese angebliche Wandlung des Frontmannes auch nicht für glaubwürdig hielten. Und wie vor einem Jahr gibt es auch wieder die Frage nach den Verantwortlichen. Dieses Mal ist es neben Metz zudem der formal für den Wahlkampf Verantwortung tragende Generalsekretär Michael Boddenberg, an dem sich so manches CDU-Gemüt erhitzt. «Da muss sich die CDU schon fragen, was sie permanent falsch macht», sagt etwa der Vorsitzende der Jungen Union im Land, Peter Tauber. Andere bleiben lieber noch in der Deckung, denn Kritik wird bei der Hessen-CDU leicht als «Nestbeschmutzung» empfunden.
Bisher ist es nur das «System Koch», das vielen Parteimitgliedern reformbedürftig erscheint – die Person des Parteivorsitzenden ist zumindest noch so lange tabu, bis die Koalitionsverhandlungen mit der FDP abgeschlossen sind. Dann aber wollen sie an der Basis endlich klare Zeichen für eine personelle und programmatische Erneuerung präsentiert bekommen. Sonst könnte die beginnende Krise der Partei auch schnell deren Chef erfassen.
Text und dpa-Foto:
http://www.fnp.de/fnp/region/hessen/...5489356.de.htm
Zitat:
Zitat von wate
Koch ist dafür viel zu steif.
|
dem kann ich -siehe Foto- nicht zustimmen, aber es tröstet mich obiger Artikel.
(und die FNP ist nun wahrhaftig kein Linksblatt)