Zitat:
Zitat von Kamantun
Das Hervorgehobene nährt noch einmal meinen Verdacht, dass Du (aber eben nicht nur Du) zwischen der RAF und der (im Großen und Ganzen friedlichen) Studentenbewegung nicht trennen magst.
Aus damaliger Sicht kann ich das ja auch sehr gut verstehen. Beides gehörte irgendwie zusammen bzw. eine RAF ohne Studentenbewegung wäre kaum denkbar gewesen. Damals wollte oder konnte man diese Unterscheidung als "Mitbewegter" sicherlich oftmals (will ja nicht alle in einen Topf werfen ) auch nicht machen - alles was gegen diesen vermieften Scheiß-Staat lief, war irgend wo akzeptabel und/oder gut.
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ja so sah das damals aus.
Zitat:
Aber aus heutiger Sicht muss man doch auch als damaliges Mitglied der Bewegung ganz klar zwischen Gut (die friedliche Bewegung) und Schlecht (die mörderische RAF) trennen.
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das ist ja (auch hier von mir) schon mehrmals geschehen.
Trifft aber nur die Seite der strafrechtlichen Relevanz.
Es gab (mindetens) eine weitere die da lautete:
Es solte eine Welt ohne Unterdrückung, Ausbeutung, von freien und selbstbestimmten Menschen, in Frieden entstehen. In diesen ganzen gesellschaftlichen Umbruch gehören eben auch Dinge wie die fortschreitende sexuelle Aufklärung, die Emanzipationsbestrebungen von Frauen, die Verurteilung des Vietnamkrieges, der Widerstand gegen Wohnraumvernichtung durch Leerstand und all das was ich und Ayla oben schon aufgeführt haben. All diese Dinge sind ja von der überwiegenden Mehrzahl der damaligen Bewegung in
friedlichen Aktionen und mit viel persönlichem und finanziellen Einsatz gefordert worden.
Der hier schon oft gescholtene Schily (weis nicht ob Ströbele auch dazu gehörte) hatte z.B. in Berlin eine Gemeinschaftskanzlei mit noch einem weiteren Anwalt, und haben dort kostenfrei ( ! ) Menschen vertreten, die aufgrund von Gesetzesübertretungen mit der Polizei/Justiz in Konflikt gekommen sind.
Kinder und Jugendliche die aus sog. Erziehungs-Heimen (Kinderknäste) abgehauen waren, bekamen in ersten Wohngemeinschaften Unterkunft und Verpflegung, Klamotten zum Anziehen.
In den ersten "echten" WG´s (nicht die später aus wirtschaftlichen Zwecken gegründeten) war Privateigentum weitgehend abgeschafft.
Wer in den ersten alternativen Jugendzentren keine Knete hatte, durfte umsonst in die Konzerte und Veranstaltungen (z.B. Ton-Steine-Scherben) usw usw.
Das war gelebte Solidarität!
Und das alles in einer Eltern- und Großelternwelt die ihre Verstrickungen in den Nationalsozialismus noch nicht mal ansatzweise zugeben konnte/ wollte ( ? ), und nach dem Motto "Jetzt sind wir wieder wer" und kleinkariertem "Schaffe Schaffe , Häusle baue" lebte.
Zitat:
Wenn diese ganz klare Distanzierung zur RAF aber bei vielen auch im Nachhinein nie stattgefunden hat (dabei wird doch nun wirklich niemand dafür verurteilt, dass er die RAF früher mal ganz gut fand), besteht eben die Gefahr, dass in der nachträglichen Darstellung und Deutung der Geschehnisse Gutes aus der friedlichen (und tatsächlich politischen) Bewegung auf die RAF abfärbt und Schlechtes aus der RAF mit Schlechten vom damaligen Staat oder den prominenteren Opfern gegengerechnet wird. (Also genau das, was ich die heutige Darstellung der RAF in den Medien nennen würde.)
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diese Gefahr sehe ich so nicht,
ganz im Gegenteil und zwar aus drei Gründen:
1.
Schau dir mal an, wie Auwis Konservative (aber sie sind "nur" Beispiel für viele die genau so denken) das alles beurteilen: nämlich genau entgegengesetzt wie du es befürchtest. Da wird alles was aus der Zeit /Ecke kommt pauschal als gewaltbereit / gewalttätig / links / kriminell abgetan. Punkt aus, so ware es und so ist es. Da wird von RAF bis zum harmlosen Hippie alles in einenTopg geworfen. Und damit bin ich bei Punkt
2.
Einer der gravierendsten Unterschiede von konservativer gegenüber fortschrittlicher (ich schreibe hier extra nicht "linker" ) Verhaltensweisen ist, dass sich fortschritliche Menschen einer permanenten Selbstüberprüfung ihres Denkens und Handelns aussetzen.
Wenn du heute "Ehemalige" hörst und liest, wirst du feststellen, dass die meisten eine Wandlung in ihrer Haltung z.B. zum Thema Gewalt durchgemacht haben (wenn sie nicht vorher schon Gewaltfreiheit propagierten und lebten), ja mittlerweile selbst schon sehr -ich schreibs mal vorsichtig- "spröde" geworden sind.
(in diesem Zusammenhang: als dem Herrn Fischer vor Jahren die Farbbeutel um die Ohren flogen, hat mich das nicht grade traurig gestimmt. [das er dabei einen Gehörschaden erlitten hat schon])
3.
ich befürchte eher das Gegenteil, nämlich das die verbrecherischen Taten der RAF, jetzt alten und Neo-Konservativen zur Rechtfertigung dienen, die Uhren wieder zurück zu drehen. Das passt nämlich prima in die bisherige Entwicklung der letzten Jahre. Schau dir mal an, was in den letzten 10 bis 15 Jahren alles an sozialen Errungenschaften, Bürger- und Arbeitnehmerrechten zurückgefahren, abgeschafft oder eingeschränkt wurde. Da kommt eine Diskussion um die RAF gerade richtig, wenn es gelingt alles andere aus der Zeit auch zu stigmatisieren, zu verunglimpfen in einen Topf zu werfen und schlecht zu quatschen.
(hab ja hier auch schon irgendwo
sinngemäß gelesen: "Es wird noch X Jahre dauern, bis....wieder aus der Welt geschafft ist. Das spricht eine mehr als deutliche Sprache)
Das ganze dann noch mit nem bissi Hinweis auf die Opfer verbrämt und schon "stimmt" die Welt wieder und alle anderen sind "böse".
Zitat:
Und es ist doch bitte schön keine "anschließende Kriminalisierung", wenn der Staat eine Organisation von Mördern, Bombenlegern und nicht zu vergessen, in zig-Fällen auch: Bankräubern (ob nun "politisch motiviert" oder nicht), verbietet und ihre Mitglieder als Kriminelle behandelt und in den Knast steckt.
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also auf das "anschließende" kann ich nicht eingehen, weil es ja schon in den Gesetzen stand, dass Bankraub und Mord kriminelle Taten sind. Die Sichtweise der damaligen Bankräuber war ja nicht: ich mach mal was Kriminelles, und bereichere mich daran, sondern:
um den Kampf gegen das verhasste System bestreiten zu können muß Geld her. So war das. Gerechtfertigt hatte man das damit, dass dieses geraubte Geld ja einem "höheren" Zweck (nämlich der Herstellung eines besseren Systems) dienen sollte.
Und bitte kommt mir jetzt nicht mit das sei eine "Entschuldigng/Rechtfertigung für..." oder gar "Opfervernachlässigung".
Das ist keine Entschuldigung/Rechtfertigung, sondern zeigt lediglich wie es dazu gekommen ist.
Zitat:
Es waren nun mal Kriminelle!
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Nach dem Gesetzt (das ja als systemstabilisierend im Sinne der "alten" Weltordnung galt) JA!.
Im Sinne einer "neuen" Weltordnung: "nein!" . So war die Denkweise.
Zitat:
Was wäre denn die Alternative gewesen? Runder Tisch mit RAF-Tätern? Freies Geleit nach Palästina? Bundesverdienstkreuz?
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es gab keine Alternative! Auf beiden Seiten nicht.
Diese Bewegung hat die bunderepublikanische "Häusle-Bauer"- und "Mei Ruah will I"- Gesellschaft eiskalt erwischt. Sie konnte nur mit Regress und Gegengewalt reagieren.